Jan Bontjes van Beek

wurde als jüngstes Kind holländischer Eltern 1899 in Vejle/Jütland geboren. Da die Familie wenige Jahre später nach Uerdingen umsiedelt, geht er in Deutschland zur Schule. 1907 wird die Familie Bontjes „deutsch-naturalisiert“. Nach freiwilligem Marinedienst (bis 1919) verbringt Bontjes einige Studienmonate bei Künstlern in Fischerhude und Worpswede. Seine erste Ehe schließt er mit der Tänzerin Olga Breling aus Fischerhude. Gemeinsam mit deren Schwester, der Bildhauerin Amelie Breling baut er ab 1922 seine erste Werkstatt auf: die „Fischerhuder Kunst-Keramik“. Bis 1931 entstehen dort neben Gefäßen mit Reduktions-, Lauf- und Lüsterglasuren auch solche mit zeittypischen Unterglasurmalereien und einige plastische Arbeiten. Ein Auftrag des Hamburger Architekten Fritz Höger führt Bontjes 1932 nach Velten bei Berlin, wo er Fliesen für eine Altarnische der neuen Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin-Wilmersdorf fertigt. In Berlin lernt er auch seine zweite Ehefrau kennen, die Innenarchitektin Rahel Maria Weisbach und richtet 1933 mit ihrer Hilfe in Charlottenburg eine eigene Werkstatt ein.

Nachdem die „Nürnberger Gesetze“ 1935 ein Berufsverbot für seine nichtarische Frau zur Folge hatten, widmet sich diese ausschließlich dem Management der Werkstatt, organisiert Ausstellungen und kümmert sich um den Verkauf seiner Stücke. Die erste Beteiligung an der Leipziger Messe 1935 bringt einen glänzenden Erfolg. Einhellig war auch das Urteil der Kritiker, so schreibt Otto Riedrich in der „Keramischen Rundschau“: „Als ausgezeichneter Keramiker ist Jan Bontjes van Beek zu bezeichnen. Er arbeitet verantwortungsbewußt und versteht es, die Glasuren zu handhaben, ja, er meistert sie im Feuer, so daß unter seinen Stücken sehr reizvolle Proben zu sehen sind, die am Fuße den aufgehaltenen Fluß der Glasur und dick zusammengelaufene Tropfen zeigen. Man kann die Grundform des Scherbens nachfühlen, über den sich die Glasur spannt, ihn wie eine schillernde Haut umschließt, so daß er zu schönem Leben erweckt wird. Wenn in eine solche Vase geschickte Hände noch Blumen einordnen, dann kann auch hier vom vollendeten Kunstwerk gesprochen werden.“

Die Entwicklung von Glasuren nach traditionellen fernöstlichen Vorbildern sowie die Berechnung von Massen bestimmen von nun an seine Tätigkeit. Im Angebot seiner Werkstatt findet man neben Kleinserien in Fayence auch hochgebrannte Steinzeug-Unikate. Unter den Berliner Künstlern hat Bontjes van Beek einen großen Freundeskreis, einigen von ihnen ermöglicht er auch die Nutzung seines Brennofens: Jussuf Abbo, Arno Breker, Karl Hartung, Rudolf Heekers und Ewald Mataré. Zahlreichen jüdischen Verfolgten gewährt er Arbeit und Schutz. Im Herbst 1942 wird Bontjes gemeinsam mit seiner Tochter Cato, die im Umfeld der „Roten Kapelle“ agiert, von der Gestapo verhaftet. Der Vater wird nach drei Monaten Schutzhaft entlassen, Cato wird von den Nazis verurteilt und im Sommer 1943 in Plötzensee hingerichtet. Im selben Jahr wird die Werkstatt durch einen Bombenangriff völlig zuerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt Bontjes seine Lehrtätigkeit mit dem Aufbau einer Keramikklasse an der neu gegründeten Hochschule für freie und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee, von 1947 bis 1950 ist er Rektor der Schule. Direkt im Anschluß daran entwickelt er Formen und Glasuren für die industrielle Serienproduktion der Fa. A. Ungewiss in Dehme bei Bad Oeynhausen, zur selben Zeit nimmt die Porzellanfabrik Rosenthal eine Reihe von Vasen nach seinen Entwürfen in die Produktion auf. Während seiner Zeit als Direktor der Meisterschule für das Kunsthandwerk in Berlin-Charlottenburg (1953-58) und darüber hinaus bis 1967 fährt er in den Semesterferien stets nach Dehme, um dort die Produktion zu beraten und auch um Einzelstücke zu fertigen.

Einem Ruf nach Hamburg folgend tritt Bontjes 1960 die Nachfolge Otto Lindigs an der Hochschule für bildende Kunst als Leiter der Keramikklasse an und kann sich so bis zu seiner Emeritierung 1966 wieder ganz der Keramik widmen. Seine Gefäße werden nun in der Form zusehends strenger – er setzt Kugel, Halbkugel, Kegel, Kegelstumpf und Zylinder in bis dahin ungewohnten Montagen zusammen. Es kommen einfarbige intensive Glasuren zur Anwendung, nicht selten überwiegt die unglasierte Fläche. Im September 1969 stirbt Jan Bontjes van Beek in Berlin.

Sein beeindruckendes Werk – sein ganz eigenes und besonderes Gefühl für Form und Glasur – ist richtungsweisend. Bontjes van Beeks Hinterlassenschaft weist ihn als einen der herausragenden Keramiker des 20. Jahrhunderts aus. Heinz-Joachim Theis

Sonderausstellungen in der GALERIE THEIS im März 1988 und im Mai 2003